Humor und Heiterkeit: Die wiederentdeckten Therapeutika
Textauswahl
»Humor zu haben ist die List,
zu lachen, wenn's zum Weinen ist.«
Wilhelm Busch
Die Behandlung körperlicher und psychischer Leiden gilt im allgemeinen als eine sehr ernsthafte Angelegenheit; trotzdem (oder vielleicht gerade deswegen) gibt es viele Witze über diese Themen. Die Idee, dass man nicht nur über die Behandlung psychischer und organischer Krankheiten lachen kann, sondern dass Humor und Lachen auch in der Therapie für den Prozess der Heilung förderlich sind, ist in den letzten zwanzig Jahren immer häufiger vertreten worden (vgl. Cousins 1981; Farrelly & Brandsma 1985; Fry & Salameh 1987, 1993; Höfner & Schachtner 1995; Moody 1979; Rubinstein 1985; Titze 1985, 1996; Titze & Eschenröder 1998).

Was ist eigentlich Humor? Das Wort an sich besitzt verschiedene Bedeutungen. Es ist lateinischen Ursprungs und geht auf das Wort umor zurück, das »Feuchtigkeit« oder »Flüssigkeit« bedeutet (vgl. Wolf 1986, S. 24). Im weiteren bezieht es sich auf die Körpersäfte (humores) Schleim, Blut, schwarze und gelbe Galle. Ihre jeweilige Dominanz galt für die antike Temperamentenlehre, die von dem römischen Arzt Galen in einem gross angelegten Werk referiert wurde, als Ursache für die typologische Besonderheit des Phlegmatikers, Sanguinikers, Melancholikers und Cholerikers (vgl. Wolf 1986, S. 30; Titze & Gröner 1989, S. 30-33). In der Renaissance begann man davon auszugehen, dass ein Mensch dann über einen »guten Sinn für Humor« verfügt, wenn diese vier humores bei ihm in einem ausgeglichenen Verhältnis zueinander standen. Umgekehrt galt eine Person, bei der dieser Ausgleich nicht zustande gekommen war, als »humorlos«.

Wie McGhee (1979, S.5) bemerkt, war man schon vor 2000 Jahren dazu übergegangen, das Wort Humor auch als Bezeichnung für einen besonderen Gemütszustand bzw. eine Disposition zu verwenden, die durch eine besondere Sensitivität bzw. Wertschätzung gegenüber lustigen, absurden, inkongruenten oder komischen Ereignissen gekennzeichnet ist. Schon in der Zeit von Plato und Aristoteles wurde das Lachen als ein angemessenes Mittel angesehen, um aus der Norm fallende Verhaltensweisen zu kontrollieren und zu korrigieren.

Erst in der Neuzeit wurde dann solchen Personen ein Sinn für Humor zugesprochen, die in der Lage waren, ungewöhnliche oder absurde Ideen zu entwickeln und diese in ihrem Handeln entsprechend umzusetzen. Dabei konnten diese Menschen Ihre Fähigkeit unter Beweis stellen, gerade solche Regeln auf den Kopf zu stellen, die den »Ernst des Lebens« definieren. Diese lustvolle Freude am Unsinn wird gemeinhin als »lustig« bezeichnet. Damit erweist sich der Humor als Ausdruck einer geistigen Kapazität. Denn der humorvolle Mensch vollzieht willentlich eben das, was im Komischen ungewollt stattfindet: eine Grenzüberschreitung. Der Humor ist damit die kognitive Basis für eine spezifische emotionale Reaktion, die sich auch physiologisch auswirkt. Diese Humorreaktion entspricht einem Zustand von Erheiterung, der sich in seiner unverkennbarsten Form im Lachen äussert.


Die Erheiterung

Als Erheiterungbezeichnen wir jenes komplexe Humorerlebnis, das zum Lachen bzw. Lächeln führen kann (vgl. Ruch 1995, S. 605). Die entsprechende Reaktionsabfolge kann, wie Krech und Crutchfield (1968, S.262) bemerken, durch eine »Unzahl verschiedener und unverbundener Reizbedingungen hervorgerufen werden«. Erheiternd wirken sämtliche Reize, die einen Menschen in einen belustigten Gemütszustand versetzen, aus dem heraus Fröhlichkeit, Freude und Vergnügen entspringen, die ihrerseits zum Lächeln bzw. Lachen anregen. »Erheiterung« lässt sich somit als ein emotionales Konstrukt definieren, das sich aus einem zeitweiligen Anwachsen einer heiteren Grundstimmung ergibt und das zu nachweisbaren Auswirkungen in sämtlichen Bereichen des menschlichen Organismus führt.

In der Regel entsteht die Humorerfahrung (Erheiterung), nachdem Kontraste (logische oder moralische Normverstössen, Unpassendes oder Widersinniges) wahrgenommen wurden. Koestler (1990, S.133) hat dieses Kontrastphänomen als erster beschrieben. Er spricht ihm die einzigartige Bedeutung einer Kommunikationsform zu, »bei der ein Reiz auf einer hohen Stufe der Komplexität eine stereotype, vorhersehbare Reaktion auf der physiologischen Reflexstufe (= Lachen) auslöst«. Diese Reaktion scheint keinen anderen biologischen Nutzen zu haben, als den Menschen »vorübergehend vom Stress zielgerichteter Tätigkeiten« (ebd.) zu erlösen. Folgerichtig spricht Koestler in diesem Zusammenhang von einem »Luxusreflex« (ebd.), der nur dem Menschen zu eigen ist.


Die physiologischen Wirkungen der Erheiterung

Ein Humorerlebnis (Erheiterung) äussert sich unverkennbar im Lachen. Rubinstein (1985, S. 54) definiert das Lachen als »eine unwillkürliche Körperreaktion auf eine als angenehm empfundene Emotion«. Er erläutert dies im einzelnen:

»Diese Körperreaktion besteht aus einer Reihe von kleinen, aber heftigen Atembewegungen, die von unwillkürlichen Kontraktionen der Gesichtsmuskeln abhängen. Sie werden immer von einer Vokalisierung begleitet, die durch heftiges Ein- und Ausatmen mit Hilfe des Zwerchfells gebildet wird. Gleichzeitig lockern sich die übrigen Muskeln mehr oder weniger stark.«

So lässt sich feststellen, dass das Lachen eine unwillkürlich körperliche Reaktion ist, die reflexartig ist und lustvolle emotionale Zustände miteinbezieht. Das Lachen führt zu Veränderungen im Bereich der Atmung und der Muskulatur, ausserdem geht es mit komplizierten neurologischen Abläufen einher. Im folgenden soll dies näher erläutert werden.


Muskuläre Veränderungen

Vor 125 Jahren beschrieb Charles Darwin (1872/1989, S. 154-156) die physiologischen Auswirkungen des Lachens:

»Lachen entsteht aufgrund einer tiefen Einatmung, die von krampfartigen Kontraktionen in der Brust, vor allem aber im Zwerchfell gefolgt wird [...] Beim Lachen ist der Mund mehr oder weniger weit geöffnet, die Mundwinkel sind stark nach unten gezogen, gleichzeitig besteht aber die schwache Tendenz, sie auch nach oben zu ziehen; die Oberlippe ist dabei leicht gewölbt [...] Der ganze Mundbereich wird dabei ausschliesslich durch die grossen zygomatischen Muskeln beherrscht, deren Funktion es ist, die Mundwinkel nach oben bzw. nach unten zu ziehen [...] Die oberen und unteren orbicularen Augenmuskeln werden gleichzeitig mehr oder weniger stark kontrahiert. Dabei besteht eine sehr enge Beziehung zu den Muskeln, die oberhalb der Oberlippe verlaufen [...] Durch das gleichzeitige Zurück- und Hochziehen der Mundwinkel während der Kontraktion der grossen zygomatischen Muskeln und durch das Heben der Oberlippe werden die Wangen nach unten gezogen, Dadurch bilden sich Falten unterhalb der Augen [...] Die Augenbrauen werden leicht gesenkt, was eine Folge der Kontraktion der oberen wie auch der unteren orbicularen Muskeln ist [...] Durch das Heben der Oberlippe werden die Wan-gen nach oben gezogen, so dass die Nase kürzer erscheint und die Haut an der Nasenwurzel in feine waagrechte Falten gelegt wird [...] Die oberen Vorderzähne werden gewöhnlich freigelegt. So wird eine markante naso-labiale Falte geformt, die von beiden Nasenflügeln zu den Mundwinkeln verläuft [...] Bei starkem Lachen füllen sich die Augen mit Tränen [...] Die Atemmuskulatur (und selbst Teile der Skelettmuskulatur) werden gleichzeitig rapiden vibratori-schen Bewegungen unterworfen. Die Unterkiefer werden nicht selten in diese Bewegung mit einbezogen, was Grund dafür ist, dass sich der Mund nicht weit öffnen kann [...] Während eines exzessiven Lachens wird der ganze Körper oft förmlich nach hinten geworfen und in einer fast konvulsiven Weise durchgeschüttelt; die Respiration ist stark eingeschränkt; der Kopf und das Gesicht werden mit Blut überschwemmt, wobei sich die Venen weiten; die orbicularen Muskeln werden spasmodisch zusammengezogen, so dass sie die Augen verdeckt erscheinen lassen. Der Tränenfluss kann sich ungehemmt entfalten [...]«

Das Lachen wirkt sich demnach wellenförmig auf die gesamte Muskulatur aus. Von besonderer Bedeutung sind die flachen Muskeln im Gesichtsbereich (Stirn, Schläfen, kleines und grosses Jochbein, Lippen und Augenlider). Insbesondere die »zygomatische« Muskulatur des Jochbeins formt dabei den typischen Lachausdruck.

Im Lachen werden auch die Brustmuskeln aktiviert, was die Voraussetzung für einen erhöhten Gasaustausch in der Lunge schafft. Der Hauptmuskel für das Einatmen ist das Zwerchfell. Dieses wird beim Lachen stark aktiviert, so dass die Atemkapazität bedeutend erhöht wird.

Neben dieser Aktivierung der willkürlichen Skelettmuskulatur kommt es beim Lachen auch zu einer starken Anregung der (»glatten«) unwillkürlichen Muskulatur. So erhöht sich der Herzrhythmus zunächst, um später dauerhaft abzusinken, die Muskulatur der Arterien entspannt sich, so dass das Gefässvolumen erhöht wird. Damit verringert sich der arterielle Druck. Ebenso öffnen sich die Bronchien durch das Spiel der glatten Muskulatur weiter, so dass die Durchlüftung der Lungen gefördert wird.


Die Atmung

Die Atmung ist im wesentlichen eine Funktion der Muskulatur des Brustkorbs. Die Muskeln, die für das Ausatmen verantwortlich sind, liegen zwischen den Rippenbögen. Sie werden beim Lachen ebenfalls aktiviert, wodurch die Lungenelastizität gefördert wird.

Im Lachen wird ausserdem die Lungenfunktion konvulsivisch gesteigert, wobei die Einatmung vertieft und verlängert wird, während die Atmungsphase kurz ist. Dabei wird beinahe das gesamte Luftvolumen der Lunge stossweise herausgepresst, was den Kehlkopfbereich mit einbezieht, so dass die Stimmbänder aktiviert werden. Dadurch entstehen die typischen stakkatoartigen Lachlaute.

Die intensive Lachatmung regt den Gasaustausch in der Lunge deutlich an (Rubinstein 1985, S. 59). Das wiederum führt zu einer Sauerstoffanreicherung im Blut. Dies ist für die Verbrennungsvorgänge im Körper von grosser Bedeutung, da dadurch der Stoffwechsel der biologischen Fette entscheidend gefördert wird. Ein Abfallprodukt dieses Verbrennungsvorgangs ist die Kohlensäure, die bei der Lachatmung konsequent ausgestossen wird. Denn die Vorratsluft in den Lungen wird fast vollständig entleert. Rubinstein schätzt, dass der Wert des Gasaustausches während des Lachens das Drei- oder Vierfache desjenigen im Ruhezustand erreicht.

Rubinstein (1985, S. 79) weist in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung des Lachens als einer heilgymnastischen Atemtherapie hin:

»Viele Menschen wissen nicht, wie man richtig atmet; ihre Atmung ist zu kurz, zu flach. Diese Art der Atmung mit offenem Mund und ohne Atempause kann man bei ängstlichen Patienten beobachten. Es ist jedoch gerade diese Atmung, die Angst hervorruft bzw. steigert, indem sie eine respiratorische Alkalose des Atemsystems hervorruft, die für die neuromuskuläre Übererregbarkeit verantwortlich ist. Die Atmung beim Lachen ist im Gegensatz dazu eine 'gute' Atmung, die gerade durch ihre Merkmale die Alkalose bekämpft und die Angst vermindert.«


Diese positive Beeinflussung der Atmung ist gesundheitsfördernd. Viele verbreitete Beschwerden können dabei günstig beeinflusst werden. Die oberen Luftwege werden, ähnlich wie beim Husten, von störenden Sekreten befreit. Der Gasaustausch wird erhöht, so dass unter anderem die Ausscheidung von Cholesterin gefördert wird (ebd., S. 85).


Die neurohormonale Bedeutung des Lachens

Das Lachen bringt komplizierte neurologische Strukturen ins Spiel. Im Jahre 1953 entdeckte der Neurophysiologe Olds das Lustzentrum im Gehirn. Es ist im sogenannten limbischen System lokalisiert. Von diesem System gehen aber auch andere Affekte wie Wut und Aggression aus. Die Übertragung solcher Gefühlsreaktionen erfolgt durch die Vermittlung des neurovegetativen Systems über die Neurotransmitter, die sich im Bereich der Synapsen (dem Abstand zwischen zwei Zellen) auswirken. Dadurch wird die Nervenüberleitung beeinflusst. Die Aktivität der Neurotransmitter wird durch bestimmte Hormone bzw. »Neuromodulatoren« erweitert oder vermindert. Dazu gehören die Endorphine (»inneres Morphium«) und die Enkephaline. Der Neurologe Fry (1989; 1993) stellte in kontrollierten Untersuchungen fest, dass nach einem ausgiebigen Lachen die körpereigene Hormonproduktion zum einen gesteigert wird und zum anderen die Zirkulation gewisser Immunsubstanzen für Stunden erhöht ist.

Herzhaftes Lachen übt auf das neurovegetative System eine Schockwirkung aus, die das gesamte Herz-Kreislauf-System aktiviert. Zunächst kommt es zu einer Beschleunigung des Herzschlags. Daran schliesst sich eine längere Phase der Entspannung an, die unter der Dominanz des Parasympathicus steht: Der Herzrhythmus verlangsamt sich und der Blutdruck wird gesenkt.

Walsh hatte schon im Jahre 1928 angenommen, dass »die Widerstandskraft des Organismus gegen Krankheit erhöht« wird, wenn ein Mensch häufig und regelmässig lacht (zit. n. Moody 1979, S.56). Dies wird durch die Befunde der modernen Gelotologie bestätigt (vgl. Berk et al. 1989; Berk et al. 1991).


Die Gelotologie

Mitinitiator einer Forschungsrichtung, die sich seit neuestem als »Gelotologie« (abgeleitet von griech. gelos = Lachen) bezeichnet, war der amerikanische Wissenschaftsjournalist Norman Cousins. Vor etwa 30 Jahren erkrankte er an einer Spondylarthritis, d.h. einer progredienten degenerativen Entartung der Grundsubstanz der Gelenke und der Wirbelsäule. Diese Erkrankung war mit sehr starken Schmerzen verbunden und hatte eine denkbar schlechte Prognose. In seinem autobiographischen Krankheitsbericht »Der Arzt in uns selbst« (1981) gibt Cousins eine Überlebenschance von 1:500 an. Er kannte Berichte aus wissenchaftlichen Zeitschriften, in denen der unheilvolle Einfluss von negativen Gemütszuständen auf das innersekretorische System des Menschen beschrieben wurde. So versuchte er den Umkehrschluss: Er bemühte sich systematisch, sich zum Lachen zu bringen, indem er sich lustige Filme vorführen oder witzige Bücher vorlesen liess. Dabei stellte Cousins bald fest, dass seine Schmerzen weitgehend nachliessen, nachdem er etwa zehn Minuten lang intensiv gelacht hatte. Ausserdem konnte er danach mindestens zwei Stunden problemlos schlafen. Diese subjektive Erfahrung wurde bald durch spezifische Tests zur Ermittlung des Entzündungsgrades im Bereich der Wirbelsäule bestätigt. Denn es kam zu einer signifikanten Abnahme der sogenannten Sedimentationsrate nach jeder einzelnen »Lachkur«.

Die Gelotologen haben dafür mittlerweile eine Erklärung gefunden: Beim Lachen werden bestimmte körpereigene Hormone, die sog. Katecholamine Adrenalin und Noradrenalin, in den Blutkreislauf ausgeschüttet. Sie rufen eine wirksame Entzündungshemmung hervor. Berk (1994, 1996) konnte experimentell nachweisen, dass sich in der Folge eines intensiven Lachens signifikante neuroendokrinologische Veränderungen ergeben. Dies bezieht sich insbesondere auf Stresshormone. So kam es zu einem Ansteigen aktivierter T-Zellen (T-Lymphozyten). Sie üben einen positiven Einfluss bei Krebs und kardiovaskulären Erkrankungen aus. Ferner erfolgte auch eine Erhöhung der Anzahl natürlicher Killer-Zellen. Sie sind für die körpereigene Immunabwehr von besonderer Bedeutung, da sie gerade solche Zellen im Körper eliminieren, die durch eine virale Infektion geschädigt wurden. Entsprechendes gilt für bestimmte entartete Tumorzellen. Berk und seine Mitarbeiter konnten nachweisen, dass die Aktivität und Anzahl dieser natürlichen Killer-Zellen nach einem intensiven Lachen ansteigen. Berk (1994, S. 3) schreibt:

»Es ist erstaunlich, dass etwas so einfaches wie ein heiteres Lachen es ermöglichen kann, eine so signifikante immunologische Zelle wie die natürliche Killer-Zelle zu modulieren [...] Offensichtlich modifiziert heiteres Lachen die Physiologie und die Chemikalien, die die natürlichen Zellen affizieren, und es steigert ihre Anzahl und ihre Aktivität.«

Berk stellt in seinen Untersuchungen ausserdem fest, dass es nach einem herzhaften Lachen zu einer Vermehrung der Immunglobulin-A Antikörper kommt. Diese sind von grosser Bedeutung für die körpereigene Immunabwehr. Als erste hatte dies die amerikanische Psychiaterin Kathleen M. Dillon (Dillon et al. 1985) festgestellt. Sie hatte ihren Versuchspersonen heitere Filmkomödien vorgeführt und im unmittelbaren Anschluss daran die Anzahl der Immunglobuline gemessen. Diese war dabei deutlich erhöht.

Immunglobuline sind Eiweisskörper, die sich im Mundraum befinden, um Viren und Bakterien Widerstand zu leisten. Sie gelangen aus dem Blut in den Speichel. Aus früheren Untersuchungen war bekannt, dass Stress und alle Arten negativer seelischer Befindlichkeit die Anzahl der Immunglobuline senken und so dem Keimbefall Vorschub leisten. Berk (1994, 1996) stellte tatsächlich fest, dass die Anzahl der Immunglobuline im Serum (Blut) nach einer Lachübung ebenso angestiegen war wie im Speichel. Die Aktivität der Immunglobuline bezieht sich vor allem auf den oberen respiratorischen Trakt und hilft, Verletzungen und Infektionen zu verhindern. (Bei Marathon-Joggern kommt es übrigens zum entgegengesetzten Effekt: Die Anzahl der Immunglobuline im Speichel nimmt ab, und die Anfälligkeit für Infektionen im respiratorischen Trakt erhöht sich).

Auch die Veränderung von Zytokinen nach einer deutlichen Humorreaktion ist untersucht worden. Dabei handelt es sich um Sezernierungsprozesse immunologisch aktiver Zellen, die signalübertragend und damit steuernd in den Ablauf immunologischer Zellkooperationsschritte eingreifen. Im Vordergrund steht dabei das Gamma-Interferon, ein Zytokin, das vom Immunsystem produziert wird. Seine antivirale Wirkung ist seit längerem bekannt. Ausserdem hemmt dieser Botenstoff die Vermehrung von Tumorzellen und steigert die Phagozytose-Aktivität von sensibilisierten Lymphozyten gegen Tumor-Target-Zellen. Berk (1995) konnte nachweisen, dass es nach einem herzhaften Lachen im Blut der betreffenden Probanden zu einer Vermehrung dieses Zytokins gekommen war.

Michael Titze


Literatur:
Berk, L. S. (1994) New discoveries in psychoneuroimmunology. Humor & Health Letter, III (6), 1-8
Berk, L. S.(1996) The laughter-immune connection: New discoveries. Humor & Health Journal, V (5), 1-5-
Berk, L. S., Tan, S. & Fry, W. F. (1989) Neuroendocrine and stress hormone changes during mirthful laughter. American Journal of the Medical Sciences, 98, 390-396
Berk, L. S. et al. (1991) Immune system changes during humor associated laughter. Clinical Research, 39, 124A
Cousins, N. (1981) Der Arzt in uns selbst. Reinbek, Rowohlt
Darwin, Ch. (1872/1989) The expression of emotions in man and animals. In Barret, P. H. & Freeman, R. D. (Hg.) The Works of Charles Darwin, Vol. 23, London, Pickering
Dillon, K. M, Mindiff, B. & Baker, K. H. (1986) Positive emotional states and enhancement of the immune system. International Journal of Psychiatry in Medicine, 15, 13-18
Farrelly, F. & Brandsma, J. N. Provokative Therapie. Berlin: Springer, 1986
Fry, W. F. & Salameh, W. A. (Hg.) Advances in Humor and Psychotherapy. Sarasota, Professional Resource Exchange, 1-18
Fry, W. F. (1964) Sweet Madness. A Study of Humor. Palo Alto, Pacific Books
Fry, W. F. (1989) Humor, physiology, and the aging proces. In Nahemow, L., McCluskey-Fawcett & McGhee, P. E. (Hg.) Humor and Aging. New York, Academic Press, 81-98
Fry, W. F. (1993) Medical Perspectives on Humor. Humor & Health Letter, II (January/February), 1-4
Fry, W.F. & Salameh, W.A. (Hg.) (1987) Handbook of Humor and Psychotherapy. Sarasota (FL), Professional Resource Exchange
Fry, W. F. & Salameh, W. A. (Hg.) (1993) Advances in Humor and Psychotherapy. Sarasota (FL), Professional Resource Exchange
Höfner, E. & Schachtner, H. U. (1995) Das wäre doch gelacht! Humor und Provokation in der Therapie. Reinbek: Rowohlt
Koestler, A. (1990)Der Mensch-Irrläufer der Evolution. Frankfurt, Fischer
Krech, D. & Crutchfield, R. S. (1968) Grundlagen der Psychologie I. Weinheim, Beltz
McGhee, P. E. (1979b) Humor. Ist Origin and Development. San Frabcisco, W. H. Freeman
Olds, J. (1958) Self-stimulation of the brain. Science, 127, 315-324
Rubinstein, H. (1985) Die Heilkraft Lachen. Bern, Hallwag
Ruch, W. (1993) »Sinn für Humor« als Persönlichkeitsmerkmal: vergessen, fehlkonstruiert, neukonzipiert. In K. Pawlik (Hg.) Bericht über den 39. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie in Hamburg 1994. Göttingen, Hogrefe, 689-694
Ruch, W. (1995) Exhilaration and humor. In Lewis, M. & Haviland, J. M. (Hg.) The Handbook of Emotions. New York, Guilford, 605-616
Titze, M. (1985) Heilkraft des Humors. Freiburg, Herder
Titze, M. (1993b) Laughter groups. Humor & Health Letter, March/April, 1-7
Titze, M. (1995c) Die heilende Kraft des Lachens. Frühe Beschämungen mit Therapeutischem Humor heilen. München, Kösel
Titze, M. & Gröner, H. (1989) Was bin ich für ein Mensch? Freiburg, Herder
Titze, M., & Eschenröder, C. T. (1998) Therapeutischer Humor - Grundlagen und Anwendungen. Frankfurt/M., Fischer Taschenbuch
Wolf, N. (1986) Die Bedeutung des Humors für das ästhetisch-sittliche Bewusstsein des Erziehers. Weinheim, Beltz

© Dr. Michael Titze
Textauswahl