Dr. Michael Titze: Beim Lachen legt sich die Nase in Falten, die Nasenlöcher weiten sich. Der Zygomaticus-Muskel am Jochbein zieht den Mund noch oben und sorgt für einen glücklichen Ausdruck. Der »Lachmuskel« spannt 17 Gesichtsmuskeln an, darunter die des Tränensacks, so dass wir auch buchstäblich unter Tränen lachen können. Der Mund weitet sich, weil die Ein- und Ausatmung stoßweise vervielfacht wird. Dabei werden die Stimmbänder in Schwingung versetzt, sodass es die typische stakkatoartigen Lachlaute gibt. Der Brustkorb wird gezerrt, manchmal schmerzhaft. Der Körper schaukelt hin und her. Das Zwerchfell hüpft und massiert die Eingeweide. Lachen ist nämlich Ausdruck reiner Befreiung, vollkommener Spannungslösung. Im Lachen steigen wir aus jeglicher Selbstkontrolle aus. Wir überlassen uns der Weisheit des Körpers - so wie das auch ein Säugling tut. Damit kann die ursprünglichste und reinste Lebensfreude fließen.
Und worin liegt der gesundheitsfördernde Effekt des Lachens?
Dr. Michael Titze: Lachen ist ein echter Gesundbrunnen: Es setzt Selbstheilungskräfte frei, die wir im normalen Alltagsleben viel zu wenig nutzen. So wird die Lungenfunktion verbessert, das Gehirn mit einer Sauerstoffdusche versorgt: Die Atmung wird stark angeregt, so dass es zu einem beschleunigten Austausch von verbrauchter und Sauerstoff angereicherter Luft kommt. Dadurch werden zum Beispiel die Verbrennungsvorgänge, im Körper gefördert. Der Herzschlag wird zunächst beschleunigt, um sich bald deutlich zu verlangsamen, so dass der Blutdruck gesenkt wird. Die Skelettmuskulatur entspannt sich. Insgesamt kommt es zu einer besseren Durchblutung der Muskulatur. Auch werden die inneren Organe massiert. Und im Blutkreislauf werden Stresshormone abgebaut und dafür solche Inhaltsstoffe ausgeschüttet, welche die Immunabwehr steigern. Außerdem werden die Verdauungsdrüsen angeregt. Und es kommt zu einer Ausschüttung von Schmerz lindernden Hormonen den Endorphinen, Glückshormone, die sich sonst nur selten - zum Beispiel noch langem Joggen - im Blut nachweisen lassen. Sie sind der Grund, weshalb wir uns noch einem ausgiebigen Lachen rundum wohl fühlen.
Stärkt Lachen auch die Immunabwehr?
Dr. Michael Titze: Erste kontrollierte Untersuchungen amerikanischer Gelotologen haben ergeben, dass Lachen ebenjene Blutinhaltsstoffe vermehren hilft, die der Immunabwehr dienen. Dazu gehören die T-Lymphozyten und T-Helferzellen, die bei der Abwehr von Krebs und cardiovasculären Krankheiten von Bedeutung sind. Lachen führ ferner zu einer Vermehrung der natürlichen Killerzellen, die bei der Eliminierung von geschädigten und entarteten Zellen von Bedeutung sind. Außerdem bewirkt Lachen die Zunahme von Antikörpern, die den Keimbefall im Bereich der Atmungsorgane hemmen.
Wie ist es bei uns ums Lachen bestellt?
Dr. Michael Titze: Der Leistungsdruck wächst zunehmend. Dieser Druck, besser sein zu müssen als der Durchschnitt, wird durch die angespannte Arbeitsmarktsituation ständig bestätigt. So entsteht ein Konkurrenzdenken, das eine heitere Stimmung im zwischenmenschlichen Bereich immer weniger aufkommen lässt. Es wird immer weniger miteinander, dafür umso mehr gegeneinander gelacht, also über ein Missgeschick oder über einen Misserfolg. Die täglichen TV-Comedys leben genau davon, peinliche Schwächen von Mitmenschen lustvoll vorzuführen. So zeichnet sich in unserer vermeintlichen Spaßgesellschaft ein Trend zur Herzlosigkeit ab. Daraus hat sich auf Seiten der Betroffenen ein neues Syndrom entwickelt. Die Gelotophobie, das heißt die Angst vor dem Ausgelachtwerden. Sie lässt sich insbesondere bei Menschen nachweisen, die dem Mobbing ausgesetzt sind.
Haben Menschen, die viel lachen, denn automatisch mehr Erfolg im Job?
Dr. Michael Titze: Unbedingt! Wer lacht, gewinnt. Das hängt zum einen damit zusammen, dass Lachen die Lebensgeister weckt. Zum anderen ist Lachen aber auch ein soziales Schmiermittel. Es stellt die kommunikative Verbindung zwischen Menschen her, schafft jene zwischenmenschliche Brücke, über die wir als selbstbewusste und fröhliche Partner zueinanderfinden. Griesgrame, die dreinschauen wie Abschmecker in einer Essigfabrik, stoßen sich ab. Denn was einen Menschen wirklich anziehend macht, ist die Mimik des lachenden oder auch lächelnden Gesichts.
|